Citizen Science Projekt für Digitalisierungsvorhaben im montan.dok

Foto: montan.dok 120160097301

Es gibt kaum Menschen, die sich nicht irgendwann einmal fragen, woher sie stammen, wer ihre Vorfahren waren und wie diese gelebt haben. Wenn die eigene familiäre Überlieferung durch Erzählungen, Fotos oder Aufzeichnungen an die Grenzen stößt, sucht man im Internet und über die Sozialen Medien. Regelmäßig laufen genealogische Anfragen von Nachkommen ehemaliger Bergleute auch im Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) im Deutschen Bergbau-Museum Bochum ein. Sie suchen genauere Angaben zur Art der Beschäftigung oder den Todesumständen ihrer Vorfahren oder einfach einen Nachweis, dass die gesuchte Person auf einer bestimmten Zeche tätig war. Ein Kooperationsprojekt wird diese Suche nun unterstützen.

Um die Überlieferungen des Steinkohlenbergbaus zu bewahren, wurde das Bergbau-Archiv Bochum (BBA) 1969 als zentrales Branchenarchiv gegründet. Heute ist es Teil des Montanhistorischen Dokumentationszentrums (montan.dok) im Deutschen Bergbau-Museum Bochum – Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen. Im BBA werden Akten, Karten, Grubenrisse, Fotos und Filme aus dem deutschen Bergbau gesichert, bewahrt und erschlossen. Das montan.dok stellt seine Bestände einer Vielzahl von interessierten Nutzenden aus Wissenschaft und Forschung zur Verfügung. Darunter finden sich auch personenbezogene Unterlagen verschiedener Bergwerke.

Da eine adäquate Tiefenerschließung dieser Quellen im Rahmen der regulären Kernaufgaben nicht möglich ist, sollen ausgewählte und rechtlich unbedenkliche Quellenbestände der Zeche Ewald in Herten nun erstmals für die Tiefenerschließung aufbereitet werden. Auf Basis des Crowdsourcings werden die Daten mit Hilfe von Citizen Scientists (Bürgerwissenschaft Betreibenden) digitalisiert, tiefenerschlossen und Forschung und Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Hierfür kooperiert das montan.dok mit dem Verein für Computergenealogie e. V. (CompGen) als einer führenden genealogischen Fachvereinigung sowie mit Familienzusammenführung im Team (FaZIT) in Essen, einer Gruppe engagierter Citizen Scientists, die die Ahnenforschung zu ihrem Hobby gemacht haben.

Zunächst wurde von den Freiwilligen von FaZiT im montan.dok auf einem Buchscanner ein Konvolut aus über 1400 Personalkarteien des ehemaligen Steinkohlenbergwerks Ewald in Herten aus dem Archivbestand montan.dok/BBA 4, Ewald-Kohle AG, Recklinghausen, digitalisiert und mit entsprechenden Metadaten versehen. Im nächsten Schritt werden die Digitalisate über die Website von CompGen zur Verfügung gestellt, und dann kommt die Crowd ins Spiel: Über das Dateneingabesystem (DES) von CompGen, dessen Maske den jeweiligen Projektbedürfnissen angepasst wird, sollen die Inhalte von interessierten Personen erschlossen werden. Die Arbeiten werden durch regelmäßige „Sprechstunden“ zur Beantwortung offener Fragen und zum Wissensaustausch zwischen Citizen Scientists und Archivmitarbeitenden begleitet.

Die so generierten Daten stehen dann weltweit zur Verfügung. Gesucht werden dafür Citizen Scientists, die sich am Projekt beteiligen wollen und ihr Wissen zur Bergbaugeschichte der Zeche Ewald beitragen möchten oder an den Bereichen Digitalisierung, Bergbau, Genealogie und Citizen Science Interesse haben. Weitere Informationen erhalten sie über die Website von CompGen.

Das montan.dok stellt mit seinem Bergbau-Archiv Bochum auf diese Weise Quellen direkt zur Verfügung, die zwar schon vorher über das Recherche-Portal https://www.montandok.de/ auffindbar waren, allerdings bisher lediglich in einer flachen Verzeichnung. Zukünftig wird dank der Tiefenerschließung recherchierbar sein, ob eine Person Niederschlag in dem Archivgut gefunden hat. Die oftmals intensive analoge Suche in den Quellen erledigt sich damit. Zudem können die generierten Daten neben den rein genealogischen Fragestellungen auch für andere Forschungsfragen hilfreich sein. Etwa die Frage nach weiblichen Beschäftigten, die bei einem männerdominierten Arbeitsfeld wie dem Bergbau selten im Fokus stehen.

Die nächsten Digitalisierungspakete sind schon geplant. Weitere Informationen zum Projekt „Digitalisierung und wissenschaftliche Inwertsetzung personenbezogener Quellen mit Crowdsourcing-Methoden“ finden Sie hier